viernes, 17 de octubre de 2025

Brief auf Deutsch

__________

Herrn Jean-Claude Juncker
Präsident der Europäischen Kommission
Rue de la Loi / Wetstraat 200
1049 Brüssel

3. Oktober 2017

Sehr geehrter Herr Juncker,

Wir wenden uns an Sie als die Gründungsmitglieder der Bürgerplattform „Basta Ya!“ (Es reicht!), die im Jahr 2000 mit dem Sacharow-Preis für die Verteidigung der Freiheiten im Baskenland ausgezeichnet wurde. Als Bürger Spaniens und Europas sind wir äußerst besorgt hinsichtlich der gegenwärtigen Zustände, die in Spanien in Bezug auf Katalonien herrschen. Wir wollen nicht schweigend der Ersetzung der Fakten durch die Propaganda und die Manipulation der Emotionen durch eine Unabhängigkeit fordernde Regionalregierung im offenen Aufstand gegen die spanische Demokratie und die EU-Verträge zusehen.

Bitte sehen Sie uns nach, dass wir zunächst einige ganz offensichtliche Fakten aufzählen:

1. Die Bürger Kataloniens wählen wie alle Bürger Spaniens regelmäßig in Einklang mit den demokratischen Regeln. In den letzten fünf Jahren war das sechs Mal. Es ist absolut unrichtig, dass sie von Wahlen abgehalten würden.

2. Die katalanischen Behörden haben ihre eigenen Gesetze verletzt: bei den Parlamentssitzungen am 6. und 7. September wurde die Opposition nicht nur davon abgehalten, ihre parlamentarischen Rechte auszuüben und Änderungsanträge einzubringen sondern auch über die Verabschiedung des Gesetzes im Eilverfahren, was gegen die Verfassung ist, zur Durchführung des Referendums zur Selbstbestimmung zu diskutieren.

3. Das autonome Bildungswesen wurde systematisch dazu benutzt, den Hass auf Spanien zu schüren, das katalanische Vorherrschaftsdenken zu verbreiten und die spanischsprachigen Schüler (mehr als die Hälfte) zu diskriminieren. Die Schüler und Schülerinnen wurden von der katalanischen Regierung aufgerufen, and Kundgebungen und öffentlichen Veranstaltungen für die Unabhängigkeit teilzunehmen, dafür wurden durch Beschluss der Regionalregierung extra die Schulen und Universitäten geschlossen, um so die Teilnahme zu fördern.

4. Katalonien ist eine der reichsten Regionen Spaniens und seine Bewohner genießen einen hohen Lebensstandard. Außerdem zählt Katalonien zu den Regionen mit dem höchsten Maß an Selbstverwaltung in Europa. Katalonien war noch nie eine unabhängige politische Einheit. Es war früher einmal ein Verbund von Grafschaften und gehörte zu Frankreich, später gehörte es zum Königreich Aragón, bis es sich aus dynastischen Gründen mit dem Königreich Kastilien zusammenschloss, um 1492 das heutige Spanien zu bilden.

5. Die Partei, die traditionell in Katalonien regiert hat (aktuell die PDCat), verwendete 30 Jahre lang öffentliche Gelder, bezahlt durch alle Steuerzahler Spaniens, um ihre Separatisten-Agenda zu finanzieren, während sie gleichzeitig Spanien für ihre Kürzungen in der Sozialpolitik, in der Bildung und im Gesundheitswesen verantwortlich machte mit der Beschuldigung „Espanya ens roba“ (Spanien bestiehlt uns).

6. Gegen die wichtigsten Vorsitzenden eben dieser Partei – zwei davon sind ehemalige Ministerpräsidenten, nämlich Jordi Pujol und Artur Mas – laufen Verfahren wegen Korruption; jahrelang war Geld geflossen mit korrupten Machenschaften, die bekannt wurden als „die 3%“. Das war der Mindestpreis, den Unternehmer zu zahlen hatten, um den Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag zu erhalten. Die gerichtlichen Untersuchungen dieser Korruptionssache fallen nicht zufällig mit der Zunahme der separatistischen Prozesse zusammen; man hofft, die Verantwortlichen so den Gerichtsverfahren durch die spanische Justiz entziehen zu können.

7. Spanien ist eine parlamentarische Monarchie und seine Verfassung kann durch für den jeweiligen Fall vorgesehene Verfahren geändert werden. Dazu zählt auch eine Reform, die sich mit dem Recht auf Selbstbestimmung von Teilen des Staatsgebietes befasst, was zum heutigen Tag, so wie auch ausnahmslos in allen Ländern der EU verfassungswidrig ist.

8. Eine Abstimmung über eine territoriale Abspaltung, wie sie die katalanische Regionalregierung fordert, macht, um der Demokratie zu genügen, die Teilnahme aller Spanier erforderlich, da alle Beteiligten, der Staat und die Region, gemeinsam zu einer Entscheidung kommen müssen.

9. Der Separatismus verstößt gegen die Demokratie: er hat einseitig und mit Gewalt (es gibt keinen Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung, der bekannt wäre) die Gesetze Spaniens und der autonomen Region verletzt, und er hat eine Kampagne angestoßen, welche die Zentralregierung Spaniens als „die Bösen“ darstellt, weil sie ein illegales Referendum nicht zulässt, das von unserem höchsten Gericht als verfassungswidrig erklärt wurde.

Hinsichtlich der Ereignisse vom 1. Oktober finden wir es unverständlich, wie man das Vorgehen der Ordnungskräfte, die eine gerichtliche Anordnung befolgten, um das als illegal befundene Referendum zu verhindern, als „Fehler“ oder „Ungeschicklichkeit“ bezeichnen kann. Man kann darüber diskutieren, ob die richterliche Anordnung geeignet war, aber das Vorgehen der Polizei war den Umständen angemessen und ist in ähnlichen Fällen in allen europäischen Ländern üblich.

Die autonome Polizei Kataloniens, die Mossos (mit 17.000 Polizisten und umfassenden polizeilichen Befugnissen) boykottierte aktiv die Durchsetzung der gerichtlichen Anordnungen, förderte die Bürgerunruhen und stellte sich einige Male den staatliche Sicherheitskräften (der Nationalpolizei und der Guardia Civil) entgegen, die 431 Verletzte zu beklagen hatten bei einem Einsatz, der meilenweit entfernt war von „einem Tag der friedlichen nationalen Demonstration“. Die Informationsnetzwerke und die von der Regionalregierung Kataloniens subventionierten Medien, unterstützt durch das gewöhnlich der russischen Regierung nahestehende Netz, haben systematisch falsche Bilder von Gewalt verbreitet und die Tatsachen verdreht.

Die Regionalregierung Kataloniens hat gehandelt, und tut das auch weiterhin, wie eine Organisation, die auf einen Staatsstreich hinarbeitet. Die autonome Verwaltung hat organisierte Gruppierungen politisch gedeckt und materiell unterstützt, die offen gegen die Verfassungsordnung aufbegehren mit Aktionen wie der Besetzung von Schulen, das Blockieren von Verkehrswegen, Angriffen auf die spanische Polizei und allgemeiner Einschüchterung des mehrheitlichen Teils der katalanischen Gesellschaft, der mit dem Stand der Dinge nicht einverstanden ist.

Die „brutale Unterdrückung“, von der zu hören war, bezog sich letztendlich auf insgesamt zwei Personen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, wovon die eine ein alter Mann war, der einen Herzinfarkt erlitten hatte. Was die Verletzten betrifft, deren Zahl die Separatisten mit etwa 800 angegeben hatten, so handelte sich in Wirklichkeit um Personen, die auf der Straße von Sanitätern versorgt wurden, weil sie ohnmächtig geworden waren, eine Panikattacke erlitten hatten oder weil sie Atemprobleme nach Einatmen von Rauch hatten. Die propagandistische Manipulation, die darauf aufbaut, die guten Absichten der Menschen, die das Vorgefallene ignorieren, mit schockierenden Meldungen in Ärger zu verwandeln, ist im demokratischen Europa beispiellos und erinnert an die Zeit der totalitären Regime der 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Abschließend wollen wir unterstreichen, dass das gesamte Europa mit negativen Auswirkungen zu rechnen hat, wenn die Pläne der Separatisten Oberhand gewinnen sollten. Spanien ist nicht das einzige Mitgliedsland der Europäischen Union, in dem es Unabhängigkeitsbestrebungen gibt, und die Möglichkeit einer Aufweichung der Verfassung und der territorialen Integrität mittels vollendeter Tatsachen – ein Prozess, der einem Drehbuch folgt, das an das Auseinanderfallen des ehemaligen Jugoslawien erinnert – wird früher oder später andere Staaten in Mitleidenschaft ziehen und das großartige Projekt eines Europas, das frei ist von zerstörerischem Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit innerhalb seiner Grenzen, beenden. Wir glauben, dass dies der Augenblick ist, in dem die europäischen Institutionen Spanien unterstützen sollten, die Verfassungsordnung und die Regeln der Demokratie in einem Teil des Landes und der Europäischen Union, der von einer gefährlich aufrührerischen Regierung und korrupten Politikern kontrolliert wird, wiederherzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

Fernando Savater, Carlos Martínez Gorriarán, María San Gil, Rosa Díez und Maite Pagazaurtundua

Dokument auf deutsch

ENGLISCHE   FRANZÖSISCHE   SPANISCHE